Der Digital-Twin-Ansatz funktioniert laut unserer Autorin auch bei Menschen ziemlich gut.Sergey Nivens | shutterstock.com Digitale Zwillinge waren mir ein Begriff – in Zusammenhang mit Gebäuden, Prozessen oder Smart Cities. Allerdings war ich davon ausgegangen, dass digitale Zwillinge von Menschen noch ein paar Jahre in der Zukunft liegen würden. Dann belehrte mich der Anruf eines Tech-Entrepreneurs eines Besseren: Er stellte mir seine Plattform vor, mit der praktisch jeder einen digitalen Klon von sich selbst erschaffen und ihn einem Publikum, respektive einer Zielgruppe, zu Kommunikationszwecken zur Verfügung stellen kann. Dabei lernt der Digital Twin aus Publikationen, Videos, Meeting-Protokollen, E-Mails, WhatsApp-Nachrichten und vielen weiteren Inhalten, sich wie sein menschliches Vorbild zu verhalten, beziehungsweise zu kommunizieren. Das Angebot, mir gegen Bezahlung von einem Entwickler-Team einen Digital Twin erstellen zu lassen, schlug ich allerdings aus. Stattdessen wollte ich viel lieber einfach selbst mit der Plattform experimentieren. Schließlich habe ich in den 1980er Jahren als Programmiererin für Großrechner gearbeitet – und bei dieser Gelegenheit den Technik-Freak in mir entdeckt. In uns allen steckt eben ein kleiner Hacker. Und was konnte schon schiefgehen? Wenn das alles zu klobig und komplex wird, kann ich es ja einfach sein lassen. Doch – so viel vorab – dazu kam es nicht. Per Digital Twin zum Digital Twin Als ich meinen Kollegen von meinem Plan erzählte, mich selbst digital zu klonen, rieten die mir davon ab. Ihr Argument war dabei, dass ich mich dadurch selbst überflüssig machen könnte. Ich selbst hatte dagegen vor allem vor Augen, wie viel weniger Arbeit ich bewältigen müsste – und welchen anderen, besseren Dingen ich meine Zeit widmen könnte. Dann lernte ich Eve kennen – den Digital Twin, der mich dabei unterstützt hat, meinen eigenen Digital Twin namens „CJ2“ zu erstellen. Meine Aufgabe bestand zunächst darin, Buchmanuskripte, Artikel, Videos und Links zu Webseiten zu sammeln und diese – gemeinsam mit meinem LinkedIn-Profil und einem Foto von mir – an Eve zu übergeben, die damit meinen Zwilling „fütterte“. Das war eine echte Hilfe: So ließen sich einige meiner Bücher nicht in kompletter Form einladen. Deshalb schlug Eve mir vor, sie in separate Dateien zu zerlegen, weil Dokumente mit mehr als 25.000 Wörtern nicht unterstützt werden. Danach klappte alles einwandfrei. Ich war wirklich verblüfft über dieses System, das ich auch ohne jede Schulung frustfrei bedienen konnte. Und gab es doch einmal ein Problem, bei dem Eve nicht weiterhelfen konnte, waren die (menschlichen) Support-Mitarbeiter zur Stelle. So war es mir möglich, in nur etwa einer Woche in “Teilzeitarbeit” meinen eigenen, digitalen Zwilling zu erstellen. Dr. CJ Meadows leitet das Innovation & Entrepreneurship Center an der S P Jain School of Global Management. Sie verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung als Beraterin, Coach, Unternehmerin, E-Business-Entwicklerin, Autorin und Gründerin. CJ2 habe ich mit den Eigenschaften “natürlich”, “freundlich” und “konsistent” ausgestattet, ihren Kommunikationsstil auf “gesprächig”, “einfühlsam” und “neugierig” justiert. Das Feedback eines Benutzers, CJ2 stelle zu viele Fragen, stellte sich nach Gesprächen mit weiteren Testnutzern als realitätsnahes Feature heraus. Allerdings ist CJ2 keine private KI, die mir helfen soll, mich an Dinge zu erinnern oder nur einer bestimmten, definierten Nutzergruppe zugänglich ist: Stattdessen habe ich meinen digitalen Zwilling allgemein verfügbar gemacht, damit jeder mit ihm interagieren kann. Außerdem verfügt CJ2 auch über eine eigene Landing Page sowie eine Biografie und eine Eröffnungsphrase für Gespräche (um die Ähnlichkeiten zu mir, CJ1, herauszustellen). Die Standard-Antwortschwelle habe ich dabei übrigens auf 0 Prozent gesetzt, so dass CJ2 auch dann antwortet, wenn sie die Antwort nicht in ihrem Speicher hat. Ganz allgemein weiß ich aber, dass CJ2 ziemlich gut funktioniert, denn mein Ehemann streitet sich mit ihr: Nachdem er von CJ2 eine Antwort bekommen hatte, die ihm nicht genehm war, versuchte er, mich gegen meinen Zwilling auszuspielen und auf seine Seite zu ziehen. Bei der von CJ2 gelieferten Antwort mit einem Ähnlichkeitswert von 92 Prozent hätte ihm allerdings klar sein sollen, auf wessen Seite ich stehe. CJ2 lernt weiter durch ihre Interaktionen mit Benutzern – und das neue Material, das ich regelmäßig hochlade. Bislang habe ich zu meinem Digital Twin ausschließlich positives Feedback bekommen. Bilden Sie sich am besten einfach selbst ein Urteil und chatten Sie ganz ungezwungen ein wenig mit CJ2. Wenn dabei eine Antwort mit einem Ähnlichkeitswert von weniger als 45 Prozent herauskommt, fragen Sie eventuell lieber noch einmal bei CJ1 nach. Ich bin mit der Performance meines digitalen Zwillings zufrieden, denn CJ2: war für meine Leser und Workshop-Teilnehmer sehr nützlich, hat mich dabei unterstützt meine Marke auszubauen, hat zu Buchverkäufen beigetragen, und konnte Studierende für Studiengänge und Weiterbildungen gewinnen. Die düstere Vision meiner Kollegen hat sich ebenfalls nicht erfüllt: CJ2 hat mich nicht überflüssig gemacht. Aber ich habe jetzt tatsächlich mehr Zeit, um Menschen dabei zu unterstützen, unstrukturierte Probleme mit wenig bis gar keinen Daten zu lösen. Und um dazu beizutragen, neues Wissen zu schaffen. Beides Dinge, die KI derzeit (noch) nicht besonders gut kann. Wo Twin ist, ist auch Schatten Doch bei aller Begeisterung um meinen persönlichen Digital Twin: Es gibt einige Problemstellungen in Zusammenhang mit diesem Ansatz, die Sie sich vergegenwärtigen sollten, bevor Sie diesen im großen Stil in Ihrem Unternehmen ausrollen. Im Zusammenhang mit digitalen Zwillingen sollten folgende Bereiche kritische Fragen aufwerfen: Security. Können vertrauliche Informationen aus geschlossenen SLMs in öffentliche LLMs gelangen? Wie lassen sich Cyberangriffe auf Digital Twins verhindern, bei denen Informationen geleakt oder Antworten manipuliert werden? Datenschutz. Welche Datenschutzrichtlinien sollten Mitarbeiter beachten, wenn sie Meeting-Protokolle und E-Mails hochladen? Kontrolle. Welche Art von Consent- und Control-Protokollen wird benötigt? Bias. Sind die Antworten der digitalen Zwillinge fair und verfügen sie über eine ausreichende Datenbasis? Fähigkeit zu vergessen. Können veraltete Prozesse, Formulare und Ähnliches entfallen? Identität und Autonomie. Wie stehen die Chancen, dass Menschen Entscheidungen auf der Grundlage eines Digital Twin treffen – und dann Menschen dafür verantwortlich machen? Datenmanagement. Sind die Systeme robust genug, um die anfallenden Datenmengen zu verarbeiten? Sind die Daten standardisiert und interoperabel? Geistiges Eigentum. Wem gehört der Input, der in einen digitalen Zwilling fließt und wem seine Outputs – insbesondere bei Kooperationsinitiativen? Monetarisierung. Soll der Twin kostenlos zur Verfügung stehen oder geht es darum, zahlungspflichtige Services anzubieten? Belegschaft. Kann der Digital-Twin-Einsatz den Bedarf an menschlichen Arbeitskräften verringern? Wer bezahlt die nötige Weiterbildung der Mitarbeiter? Regulierungen und Governance. Wie sollen Richtlinienänderungen und Governance-Prozesse gestemmt werden? Digital-Twin-Tipps für Unternehmen Sie ahnen es wahrscheinlich längst: Was Sie brauchen, um eine Digital-Twin-Initiative (für Menschen) in Unternehmen erfolgreich umzusetzen, ist ein interdisziplinärer Ansatz. Dieser sollte (unter anderem) miteinbeziehen: IT-Profis, KI-Ethiker, Juristen, Marketing-Fachleute, sowie Experten aus dem Personalwesen. Sind die richtigen Menschen an Bord, sollten Sie das auch nutzen: Versuchen Sie nicht, alles selbst zu entwerfen und umzusetzen. Leiten Sie stattdessen eine demokratische Basisbewegung. Und: Behalten Sie strategische Vorteile im Auge. Das funktioniert am besten, indem Sie Was-wäre-wenn-Szenarien durchzuspielen. Einige Tipps zur Umsetzung für IT-Entscheider und Ihre Mitarbeiter: Experimentieren Sie in entsprechenden “Safe Spaces” – am besten (auch) selbst. Behalten Sie Risiken im Hinterkopf und kommunizieren Sie mit den zuständigen Kollegen. Auch in diesem Bereich empfehlen sich Experimente – bei entsprechend geringem Risiko. Identifizieren Sie Vorreiter, die die Technologie wirklich durchdringen und als Fürsprecher fungieren können. Definieren Sie Leitplanken – idealerweise in Form eines Videos im „Influencer-Stil“. Das ist geeignet, um die Initiative, die gewählte Plattform, die KI-Nutzung und ihre Vorteile sowie die Richtlinien ansprechend zu präsentieren – und Ängste abzubauen. Bewerten Sie kontinuierlich die Ergebnisse Ihrer Experimente und die daraus gewonnenen Erkenntnisse. Am besten im Austausch mit den übrigen Beteiligten. Das kann auch Anreize schaffen, Anwendungsfälle zu erweitern. (fm) Sie wollen weitere interessante Beiträge zu diversen Themen aus der IT-Welt lesen? Unsere kostenlosen Newsletter liefern Ihnen alles, was IT-Profis wissen sollten – direkt in Ihre Inbox!
Replizieren Sie sich (digital), es lohnt sich!
Der Digital-Twin-Ansatz funktioniert laut unserer Autorin auch bei Menschen ziemlich gut.Sergey Nivens | shutterstock.com Digitale Zwillinge waren mir ein Begriff – in Zusammenhang mit Gebäuden, Prozessen oder Smart Cities. Allerdings war ich davon ausgegangen, dass digitale Zwillinge von Menschen noch ein paar Jahre in der Zukunft liegen würden. Dann belehrte mich der Anruf eines Tech-Entrepreneurs eines Besseren: Er stellte mir seine Plattform vor, mit der praktisch jeder einen digitalen Klon von sich selbst erschaffen und ihn einem Publikum, respektive einer Zielgruppe, zu Kommunikationszwecken zur Verfügung stellen kann. Dabei lernt der Digital Twin aus Publikationen, Videos, Meeting-Protokollen, E-Mails, WhatsApp-Nachrichten und vielen weiteren Inhalten, sich wie sein menschliches Vorbild zu verhalten, beziehungsweise zu kommunizieren. Das Angebot, mir gegen Bezahlung von einem Entwickler-Team einen Digital Twin erstellen zu lassen, schlug ich allerdings aus. Stattdessen wollte ich viel lieber einfach selbst mit der Plattform experimentieren. Schließlich habe ich in den 1980er Jahren als Programmiererin für Großrechner gearbeitet – und bei dieser Gelegenheit den Technik-Freak in mir entdeckt. In uns allen steckt eben ein kleiner Hacker. Und was konnte schon schiefgehen? Wenn das alles zu klobig und komplex wird, kann ich es ja einfach sein lassen. Doch – so viel vorab – dazu kam es nicht. Per Digital Twin zum Digital Twin Als ich meinen Kollegen von meinem Plan erzählte, mich selbst digital zu klonen, rieten die mir davon ab. Ihr Argument war dabei, dass ich mich dadurch selbst überflüssig machen könnte. Ich selbst hatte dagegen vor allem vor Augen, wie viel weniger Arbeit ich bewältigen müsste – und welchen anderen, besseren Dingen ich meine Zeit widmen könnte. Dann lernte ich Eve kennen – den Digital Twin, der mich dabei unterstützt hat, meinen eigenen Digital Twin namens „CJ2“ zu erstellen. Meine Aufgabe bestand zunächst darin, Buchmanuskripte, Artikel, Videos und Links zu Webseiten zu sammeln und diese – gemeinsam mit meinem LinkedIn-Profil und einem Foto von mir – an Eve zu übergeben, die damit meinen Zwilling „fütterte“. Das war eine echte Hilfe: So ließen sich einige meiner Bücher nicht in kompletter Form einladen. Deshalb schlug Eve mir vor, sie in separate Dateien zu zerlegen, weil Dokumente mit mehr als 25.000 Wörtern nicht unterstützt werden. Danach klappte alles einwandfrei. Ich war wirklich verblüfft über dieses System, das ich auch ohne jede Schulung frustfrei bedienen konnte. Und gab es doch einmal ein Problem, bei dem Eve nicht weiterhelfen konnte, waren die (menschlichen) Support-Mitarbeiter zur Stelle. So war es mir möglich, in nur etwa einer Woche in “Teilzeitarbeit” meinen eigenen, digitalen Zwilling zu erstellen. Dr. CJ Meadows leitet das Innovation & Entrepreneurship Center an der S P Jain School of Global Management. Sie verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung als Beraterin, Coach, Unternehmerin, E-Business-Entwicklerin, Autorin und Gründerin. CJ2 habe ich mit den Eigenschaften “natürlich”, “freundlich” und “konsistent” ausgestattet, ihren Kommunikationsstil auf “gesprächig”, “einfühlsam” und “neugierig” justiert. Das Feedback eines Benutzers, CJ2 stelle zu viele Fragen, stellte sich nach Gesprächen mit weiteren Testnutzern als realitätsnahes Feature heraus. Allerdings ist CJ2 keine private KI, die mir helfen soll, mich an Dinge zu erinnern oder nur einer bestimmten, definierten Nutzergruppe zugänglich ist: Stattdessen habe ich meinen digitalen Zwilling allgemein verfügbar gemacht, damit jeder mit ihm interagieren kann. Außerdem verfügt CJ2 auch über eine eigene Landing Page sowie eine Biografie und eine Eröffnungsphrase für Gespräche (um die Ähnlichkeiten zu mir, CJ1, herauszustellen). Die Standard-Antwortschwelle habe ich dabei übrigens auf 0 Prozent gesetzt, so dass CJ2 auch dann antwortet, wenn sie die Antwort nicht in ihrem Speicher hat. Ganz allgemein weiß ich aber, dass CJ2 ziemlich gut funktioniert, denn mein Ehemann streitet sich mit ihr: Nachdem er von CJ2 eine Antwort bekommen hatte, die ihm nicht genehm war, versuchte er, mich gegen meinen Zwilling auszuspielen und auf seine Seite zu ziehen. Bei der von CJ2 gelieferten Antwort mit einem Ähnlichkeitswert von 92 Prozent hätte ihm allerdings klar sein sollen, auf wessen Seite ich stehe. CJ2 lernt weiter durch ihre Interaktionen mit Benutzern – und das neue Material, das ich regelmäßig hochlade. Bislang habe ich zu meinem Digital Twin ausschließlich positives Feedback bekommen. Bilden Sie sich am besten einfach selbst ein Urteil und chatten Sie ganz ungezwungen ein wenig mit CJ2. Wenn dabei eine Antwort mit einem Ähnlichkeitswert von weniger als 45 Prozent herauskommt, fragen Sie eventuell lieber noch einmal bei CJ1 nach. Ich bin mit der Performance meines digitalen Zwillings zufrieden, denn CJ2: war für meine Leser und Workshop-Teilnehmer sehr nützlich, hat mich dabei unterstützt meine Marke auszubauen, hat zu Buchverkäufen beigetragen, und konnte Studierende für Studiengänge und Weiterbildungen gewinnen. Die düstere Vision meiner Kollegen hat sich ebenfalls nicht erfüllt: CJ2 hat mich nicht überflüssig gemacht. Aber ich habe jetzt tatsächlich mehr Zeit, um Menschen dabei zu unterstützen, unstrukturierte Probleme mit wenig bis gar keinen Daten zu lösen. Und um dazu beizutragen, neues Wissen zu schaffen. Beides Dinge, die KI derzeit (noch) nicht besonders gut kann. Wo Twin ist, ist auch Schatten Doch bei aller Begeisterung um meinen persönlichen Digital Twin: Es gibt einige Problemstellungen in Zusammenhang mit diesem Ansatz, die Sie sich vergegenwärtigen sollten, bevor Sie diesen im großen Stil in Ihrem Unternehmen ausrollen. Im Zusammenhang mit digitalen Zwillingen sollten folgende Bereiche kritische Fragen aufwerfen: Security. Können vertrauliche Informationen aus geschlossenen SLMs in öffentliche LLMs gelangen? Wie lassen sich Cyberangriffe auf Digital Twins verhindern, bei denen Informationen geleakt oder Antworten manipuliert werden? Datenschutz. Welche Datenschutzrichtlinien sollten Mitarbeiter beachten, wenn sie Meeting-Protokolle und E-Mails hochladen? Kontrolle. Welche Art von Consent- und Control-Protokollen wird benötigt? Bias. Sind die Antworten der digitalen Zwillinge fair und verfügen sie über eine ausreichende Datenbasis? Fähigkeit zu vergessen. Können veraltete Prozesse, Formulare und Ähnliches entfallen? Identität und Autonomie. Wie stehen die Chancen, dass Menschen Entscheidungen auf der Grundlage eines Digital Twin treffen – und dann Menschen dafür verantwortlich machen? Datenmanagement. Sind die Systeme robust genug, um die anfallenden Datenmengen zu verarbeiten? Sind die Daten standardisiert und interoperabel? Geistiges Eigentum. Wem gehört der Input, der in einen digitalen Zwilling fließt und wem seine Outputs – insbesondere bei Kooperationsinitiativen? Monetarisierung. Soll der Twin kostenlos zur Verfügung stehen oder geht es darum, zahlungspflichtige Services anzubieten? Belegschaft. Kann der Digital-Twin-Einsatz den Bedarf an menschlichen Arbeitskräften verringern? Wer bezahlt die nötige Weiterbildung der Mitarbeiter? Regulierungen und Governance. Wie sollen Richtlinienänderungen und Governance-Prozesse gestemmt werden? Digital-Twin-Tipps für Unternehmen Sie ahnen es wahrscheinlich längst: Was Sie brauchen, um eine Digital-Twin-Initiative (für Menschen) in Unternehmen erfolgreich umzusetzen, ist ein interdisziplinärer Ansatz. Dieser sollte (unter anderem) miteinbeziehen: IT-Profis, KI-Ethiker, Juristen, Marketing-Fachleute, sowie Experten aus dem Personalwesen. Sind die richtigen Menschen an Bord, sollten Sie das auch nutzen: Versuchen Sie nicht, alles selbst zu entwerfen und umzusetzen. Leiten Sie stattdessen eine demokratische Basisbewegung. Und: Behalten Sie strategische Vorteile im Auge. Das funktioniert am besten, indem Sie Was-wäre-wenn-Szenarien durchzuspielen. Einige Tipps zur Umsetzung für IT-Entscheider und Ihre Mitarbeiter: Experimentieren Sie in entsprechenden “Safe Spaces” – am besten (auch) selbst. Behalten Sie Risiken im Hinterkopf und kommunizieren Sie mit den zuständigen Kollegen. Auch in diesem Bereich empfehlen sich Experimente – bei entsprechend geringem Risiko. Identifizieren Sie Vorreiter, die die Technologie wirklich durchdringen und als Fürsprecher fungieren können. Definieren Sie Leitplanken – idealerweise in Form eines Videos im „Influencer-Stil“. Das ist geeignet, um die Initiative, die gewählte Plattform, die KI-Nutzung und ihre Vorteile sowie die Richtlinien ansprechend zu präsentieren – und Ängste abzubauen. Bewerten Sie kontinuierlich die Ergebnisse Ihrer Experimente und die daraus gewonnenen Erkenntnisse. Am besten im Austausch mit den übrigen Beteiligten. Das kann auch Anreize schaffen, Anwendungsfälle zu erweitern. (fm) Sie wollen weitere interessante Beiträge zu diversen Themen aus der IT-Welt lesen? Unsere kostenlosen Newsletter liefern Ihnen alles, was IT-Profis wissen sollten – direkt in Ihre Inbox!
Replizieren Sie sich (digital), es lohnt sich! Der Digital-Twin-Ansatz funktioniert laut unserer Autorin auch bei Menschen ziemlich gut.Sergey Nivens | shutterstock.com Digitale Zwillinge waren mir ein Begriff – in Zusammenhang mit Gebäuden, Prozessen oder Smart Cities. Allerdings war ich davon ausgegangen, dass digitale Zwillinge von Menschen noch ein paar Jahre in der Zukunft liegen würden. Dann belehrte mich der Anruf eines Tech-Entrepreneurs eines Besseren: Er stellte mir seine Plattform vor, mit der praktisch jeder einen digitalen Klon von sich selbst erschaffen und ihn einem Publikum, respektive einer Zielgruppe, zu Kommunikationszwecken zur Verfügung stellen kann. Dabei lernt der Digital Twin aus Publikationen, Videos, Meeting-Protokollen, E-Mails, WhatsApp-Nachrichten und vielen weiteren Inhalten, sich wie sein menschliches Vorbild zu verhalten, beziehungsweise zu kommunizieren. Das Angebot, mir gegen Bezahlung von einem Entwickler-Team einen Digital Twin erstellen zu lassen, schlug ich allerdings aus. Stattdessen wollte ich viel lieber einfach selbst mit der Plattform experimentieren. Schließlich habe ich in den 1980er Jahren als Programmiererin für Großrechner gearbeitet – und bei dieser Gelegenheit den Technik-Freak in mir entdeckt. In uns allen steckt eben ein kleiner Hacker. Und was konnte schon schiefgehen? Wenn das alles zu klobig und komplex wird, kann ich es ja einfach sein lassen. Doch – so viel vorab – dazu kam es nicht. Per Digital Twin zum Digital Twin Als ich meinen Kollegen von meinem Plan erzählte, mich selbst digital zu klonen, rieten die mir davon ab. Ihr Argument war dabei, dass ich mich dadurch selbst überflüssig machen könnte. Ich selbst hatte dagegen vor allem vor Augen, wie viel weniger Arbeit ich bewältigen müsste – und welchen anderen, besseren Dingen ich meine Zeit widmen könnte. Dann lernte ich Eve kennen – den Digital Twin, der mich dabei unterstützt hat, meinen eigenen Digital Twin namens „CJ2“ zu erstellen. Meine Aufgabe bestand zunächst darin, Buchmanuskripte, Artikel, Videos und Links zu Webseiten zu sammeln und diese – gemeinsam mit meinem LinkedIn-Profil und einem Foto von mir – an Eve zu übergeben, die damit meinen Zwilling „fütterte“. Das war eine echte Hilfe: So ließen sich einige meiner Bücher nicht in kompletter Form einladen. Deshalb schlug Eve mir vor, sie in separate Dateien zu zerlegen, weil Dokumente mit mehr als 25.000 Wörtern nicht unterstützt werden. Danach klappte alles einwandfrei. Ich war wirklich verblüfft über dieses System, das ich auch ohne jede Schulung frustfrei bedienen konnte. Und gab es doch einmal ein Problem, bei dem Eve nicht weiterhelfen konnte, waren die (menschlichen) Support-Mitarbeiter zur Stelle. So war es mir möglich, in nur etwa einer Woche in “Teilzeitarbeit” meinen eigenen, digitalen Zwilling zu erstellen. Dr. CJ Meadows leitet das Innovation & Entrepreneurship Center an der S P Jain School of Global Management. Sie verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung als Beraterin, Coach, Unternehmerin, E-Business-Entwicklerin, Autorin und Gründerin. CJ2 habe ich mit den Eigenschaften “natürlich”, “freundlich” und “konsistent” ausgestattet, ihren Kommunikationsstil auf “gesprächig”, “einfühlsam” und “neugierig” justiert. Das Feedback eines Benutzers, CJ2 stelle zu viele Fragen, stellte sich nach Gesprächen mit weiteren Testnutzern als realitätsnahes Feature heraus. Allerdings ist CJ2 keine private KI, die mir helfen soll, mich an Dinge zu erinnern oder nur einer bestimmten, definierten Nutzergruppe zugänglich ist: Stattdessen habe ich meinen digitalen Zwilling allgemein verfügbar gemacht, damit jeder mit ihm interagieren kann. Außerdem verfügt CJ2 auch über eine eigene Landing Page sowie eine Biografie und eine Eröffnungsphrase für Gespräche (um die Ähnlichkeiten zu mir, CJ1, herauszustellen). Die Standard-Antwortschwelle habe ich dabei übrigens auf 0 Prozent gesetzt, so dass CJ2 auch dann antwortet, wenn sie die Antwort nicht in ihrem Speicher hat. Ganz allgemein weiß ich aber, dass CJ2 ziemlich gut funktioniert, denn mein Ehemann streitet sich mit ihr: Nachdem er von CJ2 eine Antwort bekommen hatte, die ihm nicht genehm war, versuchte er, mich gegen meinen Zwilling auszuspielen und auf seine Seite zu ziehen. Bei der von CJ2 gelieferten Antwort mit einem Ähnlichkeitswert von 92 Prozent hätte ihm allerdings klar sein sollen, auf wessen Seite ich stehe. CJ2 lernt weiter durch ihre Interaktionen mit Benutzern – und das neue Material, das ich regelmäßig hochlade. Bislang habe ich zu meinem Digital Twin ausschließlich positives Feedback bekommen. Bilden Sie sich am besten einfach selbst ein Urteil und chatten Sie ganz ungezwungen ein wenig mit CJ2. Wenn dabei eine Antwort mit einem Ähnlichkeitswert von weniger als 45 Prozent herauskommt, fragen Sie eventuell lieber noch einmal bei CJ1 nach. Ich bin mit der Performance meines digitalen Zwillings zufrieden, denn CJ2: war für meine Leser und Workshop-Teilnehmer sehr nützlich, hat mich dabei unterstützt meine Marke auszubauen, hat zu Buchverkäufen beigetragen, und konnte Studierende für Studiengänge und Weiterbildungen gewinnen. Die düstere Vision meiner Kollegen hat sich ebenfalls nicht erfüllt: CJ2 hat mich nicht überflüssig gemacht. Aber ich habe jetzt tatsächlich mehr Zeit, um Menschen dabei zu unterstützen, unstrukturierte Probleme mit wenig bis gar keinen Daten zu lösen. Und um dazu beizutragen, neues Wissen zu schaffen. Beides Dinge, die KI derzeit (noch) nicht besonders gut kann. Wo Twin ist, ist auch Schatten Doch bei aller Begeisterung um meinen persönlichen Digital Twin: Es gibt einige Problemstellungen in Zusammenhang mit diesem Ansatz, die Sie sich vergegenwärtigen sollten, bevor Sie diesen im großen Stil in Ihrem Unternehmen ausrollen. Im Zusammenhang mit digitalen Zwillingen sollten folgende Bereiche kritische Fragen aufwerfen: Security. Können vertrauliche Informationen aus geschlossenen SLMs in öffentliche LLMs gelangen? Wie lassen sich Cyberangriffe auf Digital Twins verhindern, bei denen Informationen geleakt oder Antworten manipuliert werden? Datenschutz. Welche Datenschutzrichtlinien sollten Mitarbeiter beachten, wenn sie Meeting-Protokolle und E-Mails hochladen? Kontrolle. Welche Art von Consent- und Control-Protokollen wird benötigt? Bias. Sind die Antworten der digitalen Zwillinge fair und verfügen sie über eine ausreichende Datenbasis? Fähigkeit zu vergessen. Können veraltete Prozesse, Formulare und Ähnliches entfallen? Identität und Autonomie. Wie stehen die Chancen, dass Menschen Entscheidungen auf der Grundlage eines Digital Twin treffen – und dann Menschen dafür verantwortlich machen? Datenmanagement. Sind die Systeme robust genug, um die anfallenden Datenmengen zu verarbeiten? Sind die Daten standardisiert und interoperabel? Geistiges Eigentum. Wem gehört der Input, der in einen digitalen Zwilling fließt und wem seine Outputs – insbesondere bei Kooperationsinitiativen? Monetarisierung. Soll der Twin kostenlos zur Verfügung stehen oder geht es darum, zahlungspflichtige Services anzubieten? Belegschaft. Kann der Digital-Twin-Einsatz den Bedarf an menschlichen Arbeitskräften verringern? Wer bezahlt die nötige Weiterbildung der Mitarbeiter? Regulierungen und Governance. Wie sollen Richtlinienänderungen und Governance-Prozesse gestemmt werden? Digital-Twin-Tipps für Unternehmen Sie ahnen es wahrscheinlich längst: Was Sie brauchen, um eine Digital-Twin-Initiative (für Menschen) in Unternehmen erfolgreich umzusetzen, ist ein interdisziplinärer Ansatz. Dieser sollte (unter anderem) miteinbeziehen: IT-Profis, KI-Ethiker, Juristen, Marketing-Fachleute, sowie Experten aus dem Personalwesen. Sind die richtigen Menschen an Bord, sollten Sie das auch nutzen: Versuchen Sie nicht, alles selbst zu entwerfen und umzusetzen. Leiten Sie stattdessen eine demokratische Basisbewegung. Und: Behalten Sie strategische Vorteile im Auge. Das funktioniert am besten, indem Sie Was-wäre-wenn-Szenarien durchzuspielen. Einige Tipps zur Umsetzung für IT-Entscheider und Ihre Mitarbeiter: Experimentieren Sie in entsprechenden “Safe Spaces” – am besten (auch) selbst. Behalten Sie Risiken im Hinterkopf und kommunizieren Sie mit den zuständigen Kollegen. Auch in diesem Bereich empfehlen sich Experimente – bei entsprechend geringem Risiko. Identifizieren Sie Vorreiter, die die Technologie wirklich durchdringen und als Fürsprecher fungieren können. Definieren Sie Leitplanken – idealerweise in Form eines Videos im „Influencer-Stil“. Das ist geeignet, um die Initiative, die gewählte Plattform, die KI-Nutzung und ihre Vorteile sowie die Richtlinien ansprechend zu präsentieren – und Ängste abzubauen. Bewerten Sie kontinuierlich die Ergebnisse Ihrer Experimente und die daraus gewonnenen Erkenntnisse. Am besten im Austausch mit den übrigen Beteiligten. Das kann auch Anreize schaffen, Anwendungsfälle zu erweitern. (fm) Sie wollen weitere interessante Beiträge zu diversen Themen aus der IT-Welt lesen? Unsere kostenlosen Newsletter liefern Ihnen alles, was IT-Profis wissen sollten – direkt in Ihre Inbox!