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Gaia-X ist tot, lang lebe 8ra?​

width="2500" height="1406" sizes="(max-width: 2500px) 100vw, 2500px">Beim europäischen Cloud-Projekt Gaia-X könnten bald die Lichter ausgehen.Mopic – shutterstock.com Frank Karlitschek wird deutlich: „Gaia-X ist tot, denn es bleibt schlicht nicht mehr viel von dem Projekt“, sagte der Nextcloud-Chef im Gespräch mit der WirtschaftsWoche. „Es hat letztlich der politische Wille gefehlt, hier eine echte europäische Cloud-Alternative zu etablieren.“  Nextcloud werde sich aus dem Gaia-X-Konsortium verabschieden, kündigte Karlitschek an. Vom ursprünglichen Ziel, den amerikanischen Hyperscalern wie Amazon oder Microsoft Paroli zu bieten, sei kaum etwas übriggeblieben, begründet der Manager den Schritt.  Für Nextcloud-CEO Frank Karlitschek hat Gaia-X keine Zukunft mehr.Nextcloud Gaia-X wurde im Oktober 2019 unter der Ägide des damaligen Wirtschaftsministers Peter Altmaier aus der Taufe gehoben. Das Ziel war der Aufbau einer Dateninfrastruktur für Europa, also einer europäischen Cloud, die sich insbesondere durch Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit, Sicherheit und Souveränität auszeichnen sollte. Angesichts der Übermacht US-amerikanischer Hyperscaler sollten auf Basis europäischer Werte insbesondere Datensouveränität, -verfügbarkeit und Innovationen gestärkt werden. Gaia-X FAQ: Was Sie zur Europäischen Cloud wissen müssen „Gaia-X hat das Potenzial, ungeahnte Innovationen, datengetriebene Geschäftsmodelle und neue Lösungen zu schaffen, die europäischen Unternehmen aller Größen und Branchen helfen, zu wachsen und im globalen Wettbewerb zu bestehen“, hieß es seitens der Initiatoren ein Jahr später im November 2020. „Das Ergebnis wird ein starkes Fundament für eine moderne Dateninfrastruktur der nächsten Generation sein, die den Bedürfnissen von Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft gerecht wird.“ Gaia-X zwischen Datenfundament und Bürokratiemonster Doch daraus wurde nichts. Schon in den ersten Monaten begann es zu knirschen im Getriebe von Gaia-X. Die Gründung der Hauptgeschäftsstelle Gaia-X AISBL (Association Internationale Sans But Lucrative) zog sich bis 2021 hin. Für Irritationen sorgte außerdem, dass Unternehmen wie Alibaba und Huawei aus China, sowie der US-amerikanische Spezialist für Überwachungssoftware Palantir mitmischten. Startups beklagten eine überbordende Bürokratie, die eine Beteiligung an Gaia-X fast unmöglich mache. Außerdem fehlten die Referenzprojekte, um ein solches Ökosystem groß zu machen, kritisierte Mitte 2021 Telekom-Chef Timotheus Höttges.  Gaia-X: Floppt die europäische Daten-Cloud? Die kritischen Stimmen häuften sich. Im April 2022 äußerte Volker Pfirsching, Partner und Mitglied des Central European Management Board bei der Unternehmensberatung Arthur D. Little, im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE die Befürchtung, dass Gaia-X nie zum Fliegen kommen werde. Dass wichtige Mitglieder sich langsam zurückziehen und auch die Fördergelder nicht so fließen, wie ursprünglich mal angedacht, sei kein gutes Zeichen. „Das Vertrauen in die Gaia-X-Initiative schwindet“, bilanzierte Pfirsching. Gutes Konzept, aber immer weiter verwässert  Der Manager kritisierte zu viele theoretische Diskussionsrunden sowie eine fehlende klare Governance. Es gebe zu viele große und kleine Player, die alle ihre eigenen granularen Interessen verfolgen. Zwar würden ein paar Use Cases gestartet und erste Projekte mit Budget ausgestattet, aber es fehle das übergeordnete Gesamtbild, monierte Pfirsching. Es gebe kaum etwas, das über ein theoretisches Konzept hinausgehe.  T-Systems-Chef im Gespräch: Was Gaia-X zum Erfolg braucht Daran scheint sich bis heute wenig geändert zu haben. „Das ursprüngliche Konzept war gut“, sagte Karlitschek der Wirtschaftswoche, „es wurde über die Jahre aber immer weiter verwässert.“ Heute gebe es keinen Marktplatz und keine Referenzimplementierungen mehr, sondern nur noch irgendwelche Datenspezifikationen, schimpft der Nextcloud-CEO, „diese interessieren aber niemanden mehr.“  Habeck: “Wir brauchen eine starke europäische Cloud-Infrastruktur” Dazu kommt, dass auch die Politik längst das Interesse an Gaia-X verloren zu haben scheint. Robert Habeck, Altmaiers Nachfolger im Wirtschaftsministerium, verfolgte andere Projekte. Im März 2023 verkündete der Grünen-Politiker, er wolle mithilfe von SAP die ins Stocken geratenen Bemühungen um eine souveräne europäische Cloud wieder ankurbeln. Die Initiative gehört zu einem 2021 gestarteten gesamteuropäischen Projekt mit dem etwas sperrigen Kürzel IPCEI-CIS. IPCEI bezeichnet ein Important Project of Common European Interest und CIS steht für Cloud Infrastructure and Services. „Wir brauchen eine starke europäische Cloud-Infrastruktur“, verkündete Habeck. „Daher ist es wichtig, hier mit Tempo voranzugehen, denn die internationale Konkurrenz schläft nicht.“ width="2425" height="1364" sizes="(max-width: 2425px) 100vw, 2425px">Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, will die europäischen Cloud-Bemühungen weiter ankurbeln. Von Gaia-X ist dabei allerdings wenig die Rede.penofoto – shutterstock.com Im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz spricht man vom zentralen digitalpolitischen Projekt der Europäischen Union, das die digitale Souveränität Europas stärken soll. Zwölf Mitgliedsstaaten und über 150 Partner seien daran beteiligt. Deutschland stelle 750 Millionen Euro bereit. 23 deutsche Projekte seien bereits gestartet. Habeck will digitale Souveränität stärken: SAP soll europäische Industrie-Cloud bauen Die politischen Botschaften rund um IPCEI-CIS gleichen denen von Gaia-X. „Wir möchten eine hochleistungsfähige Cloud-Edge-Infrastruktur nach europäischen Werten aufbauen und langfristig die europäische Wettbewerbsfähigkeit im digitalen Umfeld sicherstellen“, heißt es im BMWK. Es gehe um ein übergreifendes Cloud-Edge-Kontinuum als Basis einer gemeinsamen technologischen Grundlage für energiesparende, klimaneutrale, hocheffiziente, automatisierte und miteinander verbundene Services. „So möchten wir entscheidend die digitale Souveränität und Datenportabilität für Europa stärken.“  8ra – Milliarden-Investitionen für bleibenden Mehrwert Um IPCEI-CIS das gleiche Schicksal wie Gaia-X zu ersparen, hat man auf politischer Europa-Ebene die 8ra-Initiative als übergeordnete Struktur eingerichtet. 8ra soll dafür sorgen, dass die Ergebnisse des IPCEI-CIS über den Programmhorizont hinaus weiterentwickelt werden und einen bleibenden Mehrwert bieten. „Mit 8ra wird langfristig sichergestellt, dass die im Rahmen des IPCEI-CIS erzielten Fortschritte auch in Zukunft weiterentwickelt werden“, heißt es im BMWK. „Die Initiative fördert deren Integration über verschiedene Sektoren hinweg und sorgt dafür, dass das volle Potenzial dieser Innovationen ausgeschöpft wird.“ Damit werde über die Projektlaufzeit von IPCEI-CIS hinaus ein wertvoller Beitrag zum digitalen Ökosystem geleistet. width="100%" height="152" frameborder="0" allowfullscreen allow="autoplay; clipboard-write; encrypted-media; fullscreen; picture-in-picture" loading="lazy" src="https://open.spotify.com/embed/episode/2Ciddz1Wx8K0m7mBbhzApR?utm_source=oembed"> Auf der deutschen Projektliste von 8ra stehen klangvolle Namen wie Bosch, Ionos, SAP, Siemens und die Telekom. Mit einem Investitionsvolumen von 3,5 Milliarden Euro will die Europäische Kommission gewährleisten, dass die Projekte ein Erfolg werden und nicht wie so viele andere Initiativen im Sande verlaufen. Ob dies gelingt, bleibt abzuwarten. Schließlich war auch Gaia-X einst mit viel Vorschusslorbeeren an den Start gegangen. „Damals hat sich die Politik aus dem Projekt herausgezogen – und Gaia-X war fortan nur noch ein Industriekonsortium ohne Mission“, erinnert sich Karlitschek rückblickend im Gespräch mit der WiWo. Bleibt zu hoffen, dass die Verantwortlichen aus den Fehlern gelernt haben und es rund um IPCEI-CIS und 8ra besser machen.  

Gaia-X ist tot, lang lebe 8ra?​ width="2500" height="1406" sizes="(max-width: 2500px) 100vw, 2500px">Beim europäischen Cloud-Projekt Gaia-X könnten bald die Lichter ausgehen.Mopic – shutterstock.com Frank Karlitschek wird deutlich: „Gaia-X ist tot, denn es bleibt schlicht nicht mehr viel von dem Projekt“, sagte der Nextcloud-Chef im Gespräch mit der WirtschaftsWoche. „Es hat letztlich der politische Wille gefehlt, hier eine echte europäische Cloud-Alternative zu etablieren.“  Nextcloud werde sich aus dem Gaia-X-Konsortium verabschieden, kündigte Karlitschek an. Vom ursprünglichen Ziel, den amerikanischen Hyperscalern wie Amazon oder Microsoft Paroli zu bieten, sei kaum etwas übriggeblieben, begründet der Manager den Schritt.  Für Nextcloud-CEO Frank Karlitschek hat Gaia-X keine Zukunft mehr.Nextcloud Gaia-X wurde im Oktober 2019 unter der Ägide des damaligen Wirtschaftsministers Peter Altmaier aus der Taufe gehoben. Das Ziel war der Aufbau einer Dateninfrastruktur für Europa, also einer europäischen Cloud, die sich insbesondere durch Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit, Sicherheit und Souveränität auszeichnen sollte. Angesichts der Übermacht US-amerikanischer Hyperscaler sollten auf Basis europäischer Werte insbesondere Datensouveränität, -verfügbarkeit und Innovationen gestärkt werden. Gaia-X FAQ: Was Sie zur Europäischen Cloud wissen müssen „Gaia-X hat das Potenzial, ungeahnte Innovationen, datengetriebene Geschäftsmodelle und neue Lösungen zu schaffen, die europäischen Unternehmen aller Größen und Branchen helfen, zu wachsen und im globalen Wettbewerb zu bestehen“, hieß es seitens der Initiatoren ein Jahr später im November 2020. „Das Ergebnis wird ein starkes Fundament für eine moderne Dateninfrastruktur der nächsten Generation sein, die den Bedürfnissen von Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft gerecht wird.“ Gaia-X zwischen Datenfundament und Bürokratiemonster Doch daraus wurde nichts. Schon in den ersten Monaten begann es zu knirschen im Getriebe von Gaia-X. Die Gründung der Hauptgeschäftsstelle Gaia-X AISBL (Association Internationale Sans But Lucrative) zog sich bis 2021 hin. Für Irritationen sorgte außerdem, dass Unternehmen wie Alibaba und Huawei aus China, sowie der US-amerikanische Spezialist für Überwachungssoftware Palantir mitmischten. Startups beklagten eine überbordende Bürokratie, die eine Beteiligung an Gaia-X fast unmöglich mache. Außerdem fehlten die Referenzprojekte, um ein solches Ökosystem groß zu machen, kritisierte Mitte 2021 Telekom-Chef Timotheus Höttges.  Gaia-X: Floppt die europäische Daten-Cloud? Die kritischen Stimmen häuften sich. Im April 2022 äußerte Volker Pfirsching, Partner und Mitglied des Central European Management Board bei der Unternehmensberatung Arthur D. Little, im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE die Befürchtung, dass Gaia-X nie zum Fliegen kommen werde. Dass wichtige Mitglieder sich langsam zurückziehen und auch die Fördergelder nicht so fließen, wie ursprünglich mal angedacht, sei kein gutes Zeichen. „Das Vertrauen in die Gaia-X-Initiative schwindet“, bilanzierte Pfirsching. Gutes Konzept, aber immer weiter verwässert  Der Manager kritisierte zu viele theoretische Diskussionsrunden sowie eine fehlende klare Governance. Es gebe zu viele große und kleine Player, die alle ihre eigenen granularen Interessen verfolgen. Zwar würden ein paar Use Cases gestartet und erste Projekte mit Budget ausgestattet, aber es fehle das übergeordnete Gesamtbild, monierte Pfirsching. Es gebe kaum etwas, das über ein theoretisches Konzept hinausgehe.  T-Systems-Chef im Gespräch: Was Gaia-X zum Erfolg braucht Daran scheint sich bis heute wenig geändert zu haben. „Das ursprüngliche Konzept war gut“, sagte Karlitschek der Wirtschaftswoche, „es wurde über die Jahre aber immer weiter verwässert.“ Heute gebe es keinen Marktplatz und keine Referenzimplementierungen mehr, sondern nur noch irgendwelche Datenspezifikationen, schimpft der Nextcloud-CEO, „diese interessieren aber niemanden mehr.“  Habeck: “Wir brauchen eine starke europäische Cloud-Infrastruktur” Dazu kommt, dass auch die Politik längst das Interesse an Gaia-X verloren zu haben scheint. Robert Habeck, Altmaiers Nachfolger im Wirtschaftsministerium, verfolgte andere Projekte. Im März 2023 verkündete der Grünen-Politiker, er wolle mithilfe von SAP die ins Stocken geratenen Bemühungen um eine souveräne europäische Cloud wieder ankurbeln. Die Initiative gehört zu einem 2021 gestarteten gesamteuropäischen Projekt mit dem etwas sperrigen Kürzel IPCEI-CIS. IPCEI bezeichnet ein Important Project of Common European Interest und CIS steht für Cloud Infrastructure and Services. „Wir brauchen eine starke europäische Cloud-Infrastruktur“, verkündete Habeck. „Daher ist es wichtig, hier mit Tempo voranzugehen, denn die internationale Konkurrenz schläft nicht.“ width="2425" height="1364" sizes="(max-width: 2425px) 100vw, 2425px">Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, will die europäischen Cloud-Bemühungen weiter ankurbeln. Von Gaia-X ist dabei allerdings wenig die Rede.penofoto – shutterstock.com Im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz spricht man vom zentralen digitalpolitischen Projekt der Europäischen Union, das die digitale Souveränität Europas stärken soll. Zwölf Mitgliedsstaaten und über 150 Partner seien daran beteiligt. Deutschland stelle 750 Millionen Euro bereit. 23 deutsche Projekte seien bereits gestartet. Habeck will digitale Souveränität stärken: SAP soll europäische Industrie-Cloud bauen Die politischen Botschaften rund um IPCEI-CIS gleichen denen von Gaia-X. „Wir möchten eine hochleistungsfähige Cloud-Edge-Infrastruktur nach europäischen Werten aufbauen und langfristig die europäische Wettbewerbsfähigkeit im digitalen Umfeld sicherstellen“, heißt es im BMWK. Es gehe um ein übergreifendes Cloud-Edge-Kontinuum als Basis einer gemeinsamen technologischen Grundlage für energiesparende, klimaneutrale, hocheffiziente, automatisierte und miteinander verbundene Services. „So möchten wir entscheidend die digitale Souveränität und Datenportabilität für Europa stärken.“  8ra – Milliarden-Investitionen für bleibenden Mehrwert Um IPCEI-CIS das gleiche Schicksal wie Gaia-X zu ersparen, hat man auf politischer Europa-Ebene die 8ra-Initiative als übergeordnete Struktur eingerichtet. 8ra soll dafür sorgen, dass die Ergebnisse des IPCEI-CIS über den Programmhorizont hinaus weiterentwickelt werden und einen bleibenden Mehrwert bieten. „Mit 8ra wird langfristig sichergestellt, dass die im Rahmen des IPCEI-CIS erzielten Fortschritte auch in Zukunft weiterentwickelt werden“, heißt es im BMWK. „Die Initiative fördert deren Integration über verschiedene Sektoren hinweg und sorgt dafür, dass das volle Potenzial dieser Innovationen ausgeschöpft wird.“ Damit werde über die Projektlaufzeit von IPCEI-CIS hinaus ein wertvoller Beitrag zum digitalen Ökosystem geleistet. width="100%" height="152" frameborder="0" allowfullscreen allow="autoplay; clipboard-write; encrypted-media; fullscreen; picture-in-picture" loading="lazy" src="https://open.spotify.com/embed/episode/2Ciddz1Wx8K0m7mBbhzApR?utm_source=oembed"> Auf der deutschen Projektliste von 8ra stehen klangvolle Namen wie Bosch, Ionos, SAP, Siemens und die Telekom. Mit einem Investitionsvolumen von 3,5 Milliarden Euro will die Europäische Kommission gewährleisten, dass die Projekte ein Erfolg werden und nicht wie so viele andere Initiativen im Sande verlaufen. Ob dies gelingt, bleibt abzuwarten. Schließlich war auch Gaia-X einst mit viel Vorschusslorbeeren an den Start gegangen. „Damals hat sich die Politik aus dem Projekt herausgezogen – und Gaia-X war fortan nur noch ein Industriekonsortium ohne Mission“, erinnert sich Karlitschek rückblickend im Gespräch mit der WiWo. Bleibt zu hoffen, dass die Verantwortlichen aus den Fehlern gelernt haben und es rund um IPCEI-CIS und 8ra besser machen. 

width=”2500″ height=”1406″ sizes=”(max-width: 2500px) 100vw, 2500px”>Beim europäischen Cloud-Projekt Gaia-X könnten bald die Lichter ausgehen.Mopic – shutterstock.com Frank Karlitschek wird deutlich: „Gaia-X ist tot, denn es bleibt schlicht nicht mehr viel von dem Projekt“, sagte der Nextcloud-Chef im Gespräch mit der WirtschaftsWoche. „Es hat letztlich der politische Wille gefehlt, hier eine echte europäische Cloud-Alternative zu etablieren.“  Nextcloud werde sich aus dem Gaia-X-Konsortium verabschieden, kündigte Karlitschek an. Vom ursprünglichen Ziel, den amerikanischen Hyperscalern wie Amazon oder Microsoft Paroli zu bieten, sei kaum etwas übriggeblieben, begründet der Manager den Schritt.  Für Nextcloud-CEO Frank Karlitschek hat Gaia-X keine Zukunft mehr.Nextcloud Gaia-X wurde im Oktober 2019 unter der Ägide des damaligen Wirtschaftsministers Peter Altmaier aus der Taufe gehoben. Das Ziel war der Aufbau einer Dateninfrastruktur für Europa, also einer europäischen Cloud, die sich insbesondere durch Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit, Sicherheit und Souveränität auszeichnen sollte. Angesichts der Übermacht US-amerikanischer Hyperscaler sollten auf Basis europäischer Werte insbesondere Datensouveränität, -verfügbarkeit und Innovationen gestärkt werden. Gaia-X FAQ: Was Sie zur Europäischen Cloud wissen müssen „Gaia-X hat das Potenzial, ungeahnte Innovationen, datengetriebene Geschäftsmodelle und neue Lösungen zu schaffen, die europäischen Unternehmen aller Größen und Branchen helfen, zu wachsen und im globalen Wettbewerb zu bestehen“, hieß es seitens der Initiatoren ein Jahr später im November 2020. „Das Ergebnis wird ein starkes Fundament für eine moderne Dateninfrastruktur der nächsten Generation sein, die den Bedürfnissen von Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft gerecht wird.“ Gaia-X zwischen Datenfundament und Bürokratiemonster Doch daraus wurde nichts. Schon in den ersten Monaten begann es zu knirschen im Getriebe von Gaia-X. Die Gründung der Hauptgeschäftsstelle Gaia-X AISBL (Association Internationale Sans But Lucrative) zog sich bis 2021 hin. Für Irritationen sorgte außerdem, dass Unternehmen wie Alibaba und Huawei aus China, sowie der US-amerikanische Spezialist für Überwachungssoftware Palantir mitmischten. Startups beklagten eine überbordende Bürokratie, die eine Beteiligung an Gaia-X fast unmöglich mache. Außerdem fehlten die Referenzprojekte, um ein solches Ökosystem groß zu machen, kritisierte Mitte 2021 Telekom-Chef Timotheus Höttges.  Gaia-X: Floppt die europäische Daten-Cloud? Die kritischen Stimmen häuften sich. Im April 2022 äußerte Volker Pfirsching, Partner und Mitglied des Central European Management Board bei der Unternehmensberatung Arthur D. Little, im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE die Befürchtung, dass Gaia-X nie zum Fliegen kommen werde. Dass wichtige Mitglieder sich langsam zurückziehen und auch die Fördergelder nicht so fließen, wie ursprünglich mal angedacht, sei kein gutes Zeichen. „Das Vertrauen in die Gaia-X-Initiative schwindet“, bilanzierte Pfirsching. Gutes Konzept, aber immer weiter verwässert  Der Manager kritisierte zu viele theoretische Diskussionsrunden sowie eine fehlende klare Governance. Es gebe zu viele große und kleine Player, die alle ihre eigenen granularen Interessen verfolgen. Zwar würden ein paar Use Cases gestartet und erste Projekte mit Budget ausgestattet, aber es fehle das übergeordnete Gesamtbild, monierte Pfirsching. Es gebe kaum etwas, das über ein theoretisches Konzept hinausgehe.  T-Systems-Chef im Gespräch: Was Gaia-X zum Erfolg braucht Daran scheint sich bis heute wenig geändert zu haben. „Das ursprüngliche Konzept war gut“, sagte Karlitschek der Wirtschaftswoche, „es wurde über die Jahre aber immer weiter verwässert.“ Heute gebe es keinen Marktplatz und keine Referenzimplementierungen mehr, sondern nur noch irgendwelche Datenspezifikationen, schimpft der Nextcloud-CEO, „diese interessieren aber niemanden mehr.“  Habeck: “Wir brauchen eine starke europäische Cloud-Infrastruktur” Dazu kommt, dass auch die Politik längst das Interesse an Gaia-X verloren zu haben scheint. Robert Habeck, Altmaiers Nachfolger im Wirtschaftsministerium, verfolgte andere Projekte. Im März 2023 verkündete der Grünen-Politiker, er wolle mithilfe von SAP die ins Stocken geratenen Bemühungen um eine souveräne europäische Cloud wieder ankurbeln. Die Initiative gehört zu einem 2021 gestarteten gesamteuropäischen Projekt mit dem etwas sperrigen Kürzel IPCEI-CIS. IPCEI bezeichnet ein Important Project of Common European Interest und CIS steht für Cloud Infrastructure and Services. „Wir brauchen eine starke europäische Cloud-Infrastruktur“, verkündete Habeck. „Daher ist es wichtig, hier mit Tempo voranzugehen, denn die internationale Konkurrenz schläft nicht.“ width=”2425″ height=”1364″ sizes=”(max-width: 2425px) 100vw, 2425px”>Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, will die europäischen Cloud-Bemühungen weiter ankurbeln. Von Gaia-X ist dabei allerdings wenig die Rede.penofoto – shutterstock.com Im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz spricht man vom zentralen digitalpolitischen Projekt der Europäischen Union, das die digitale Souveränität Europas stärken soll. Zwölf Mitgliedsstaaten und über 150 Partner seien daran beteiligt. Deutschland stelle 750 Millionen Euro bereit. 23 deutsche Projekte seien bereits gestartet. Habeck will digitale Souveränität stärken: SAP soll europäische Industrie-Cloud bauen Die politischen Botschaften rund um IPCEI-CIS gleichen denen von Gaia-X. „Wir möchten eine hochleistungsfähige Cloud-Edge-Infrastruktur nach europäischen Werten aufbauen und langfristig die europäische Wettbewerbsfähigkeit im digitalen Umfeld sicherstellen“, heißt es im BMWK. Es gehe um ein übergreifendes Cloud-Edge-Kontinuum als Basis einer gemeinsamen technologischen Grundlage für energiesparende, klimaneutrale, hocheffiziente, automatisierte und miteinander verbundene Services. „So möchten wir entscheidend die digitale Souveränität und Datenportabilität für Europa stärken.“  8ra – Milliarden-Investitionen für bleibenden Mehrwert Um IPCEI-CIS das gleiche Schicksal wie Gaia-X zu ersparen, hat man auf politischer Europa-Ebene die 8ra-Initiative als übergeordnete Struktur eingerichtet. 8ra soll dafür sorgen, dass die Ergebnisse des IPCEI-CIS über den Programmhorizont hinaus weiterentwickelt werden und einen bleibenden Mehrwert bieten. „Mit 8ra wird langfristig sichergestellt, dass die im Rahmen des IPCEI-CIS erzielten Fortschritte auch in Zukunft weiterentwickelt werden“, heißt es im BMWK. „Die Initiative fördert deren Integration über verschiedene Sektoren hinweg und sorgt dafür, dass das volle Potenzial dieser Innovationen ausgeschöpft wird.“ Damit werde über die Projektlaufzeit von IPCEI-CIS hinaus ein wertvoller Beitrag zum digitalen Ökosystem geleistet. width=”100%” height=”152″ frameborder=”0″ allowfullscreen allow=”autoplay; clipboard-write; encrypted-media; fullscreen; picture-in-picture” loading=”lazy” src=”https://open.spotify.com/embed/episode/2Ciddz1Wx8K0m7mBbhzApR?utm_source=oembed”> Auf der deutschen Projektliste von 8ra stehen klangvolle Namen wie Bosch, Ionos, SAP, Siemens und die Telekom. Mit einem Investitionsvolumen von 3,5 Milliarden Euro will die Europäische Kommission gewährleisten, dass die Projekte ein Erfolg werden und nicht wie so viele andere Initiativen im Sande verlaufen. Ob dies gelingt, bleibt abzuwarten. Schließlich war auch Gaia-X einst mit viel Vorschusslorbeeren an den Start gegangen. „Damals hat sich die Politik aus dem Projekt herausgezogen – und Gaia-X war fortan nur noch ein Industriekonsortium ohne Mission“, erinnert sich Karlitschek rückblickend im Gespräch mit der WiWo. Bleibt zu hoffen, dass die Verantwortlichen aus den Fehlern gelernt haben und es rund um IPCEI-CIS und 8ra besser machen.  

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