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Microsoft macht gute Miene zum bösen Cloud-Spiel​

Microsoft's Cloud practices face EU scrutiny. After years of legal battles with CISPE, Microsoft has joined the European cloud association. This follows a July 2024 agreement to address concerns about anti-competitive behavior. Will this signal fairer cloud competition in Europe?

Microsoft macht gute Miene zum bösen Cloud-Spiel​

width=”2500″ height=”1406″ sizes=”(max-width: 2500px) 100vw, 2500px”>Ob es Microsoft wirklich ernst ist mit einem fairen Cloud-Wettbewerb in Europa, muss der US-Konzern erst noch beweisen.Brazhyk – shutterstock.com Nach jahrelangem Streit will Microsoft den Cloud Infrastructure Services Providers in Europe (CISPE) die Hand reichen. Erste Verhandlungen über eine Mitgliedschaft Microsofts bei CISPE begannen offenbar schon im Sommer 2024, nachdem beide Seiten erst einmal Frieden geschlossen hatten. Am 20. Januar gab die europäische Cloud-Vereinigung bekannt, dass ihr Vorstand den Antrag von Microsoft auf Mitgliedschaft angenommen habe. Der Post von CISPE auf LinkedIn sollte eigentlich erst im Februar veröffentlicht werden, aber man habe den Zeitplan beschleunigt, als die Nachricht durchsickerte, hieß es. Die Abstimmung des Vorstands über die Aufnahme von Microsoft fand am 15. Januar, statt, sagte CISPE-Sprecher Ben Maynard. Microsoft hatte den entsprechenden Antrag Anfang Januar gestellt – gerade rechtzeitig, um bei der Vorstandssitzung am 15. Januar berücksichtigt zu werden, schilderte der Vertreter der Cloud-Vereinigung. CISPE war eine von mehreren europäischen Organisationen, die in den vergangenen Jahren rechtliche Schritte gegen Microsoft einleiteten, meist im Zusammenhang mit Cloud-Kartellklagen. Microsoft wurde vorgeworfen, den Wettbewerb im Cloud-Markt durch seine Lizenzierungs- und Preispraktiken massiv zu behindern. Im November 2022 hatte CISPE offiziell Beschwerde gegen Microsoft bei der Generaldirektion Wettbewerb (GD COMP) der EU-Kommission eingereicht, nachdem es zuvor nicht gelungen war, den Streit gütlich beizulegen. Hat Microsoft seine Marktmacht missbraucht? In den Auseinandersetzungen ging es vor allem darum, wie Microsoft seine Produkte wie zum Beispiel Microsoft 365 und Windows immer enger mit seinen Azure-Cloud-Services und anderen Diensten verknüpft. Für Konkurrenten sei es fast unmöglich, mit eigenen Software-as-a-Service (SaaS)-Diensten dagegenzuhalten, warf CISPE dem US-amerikanischen Softwarekonzern vor. Darüber hinaus könne Microsoft seine Software in der eigenen Azure-Cloud immer günstiger anbieten als Wettbewerber in deren Clouds. Der Wettbewerb werde außerdem dadurch behindert, dass Microsofts Software in den Clouds anderer Anbieter nicht so gut funktioniere, monierte CISPE weiter. Durch den Missbrauch seiner marktbeherrschenden Stellung untergrabe der Softwaregigant den fairen Wettbewerb und schränke die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher auf dem Markt für Cloud-Dienste ein, lautete das Fazit der Vereinigung.  Hier lesen Sie alle Hintergründe über den Streit um Microsofts Preispolitik in der Cloud: Microsoft vs. CISPE: Keine Einigung im Cloud-Streit Verhandlungen mit den Wettbewerbern: Microsoft will Streit um seine Cloud-Praktiken beilegen EU-Kommission prüft: Streit um Microsofts Cloud-Praktiken wird schärfer Kooperation mit der Konkurrenz soll besser werden: Microsoft räumt Fehlverhalten im Cloud-Markt ein Im Juli 2024 legten CISPE und Microsoft ihre Streitigkeiten vorerst bei. Man habe eine Einigung erzielt, hieß es in einer Mitteilung des Verbands. Im Rahmen einer von beiden Parteien unterzeichneten Absichtserklärung habe sich Microsoft verpflichtet, bestimmte Änderungen vorzunehmen, um die Vorwürfe der europäischen CISPE-Mitglieder auszuräumen. CISPE werde seine Beschwerde gegen Microsoft daher zurückziehen.  Aus der Welt ist der Cloud-Streit damit allerdings nicht. Gerade mit den anderen großen Cloud-Providern AWS und Google Cloud gibt es nach wie vor viele Unstimmigkeiten. Ian Tyler-Clarke, Executive Counselor bei der Info-Tech Research Group in Großbritannien, stellte denn auch fest, dass nicht jedes Cloud-Unternehmen vom Beitritt Microsofts zu CISPE begeistert sei. Hoffnung auf faire Lizenzierungspraktiken “Es gibt Bedenken, dass die Aufnahme von Microsoft zu internen Spannungen mit anderen großen Anbietern, wie AWS, führen könnte”, sagte Tyler-Clarke. Trotzdem seien positive Schritte in Richtung Fairness auf dem europäischen Cloud-Markt zu erwarten. “Microsofts Mitgliedschaft in der CISPE stellt einen bedeutenden Fortschritt in Richtung fairer Lizenzierungspraktiken, einer besseren Zusammenarbeit und geringerer operativer Aufwände durch die Aussetzung bestimmter Lizenzierungsaudits dar.” Dieser Schritt könnte ein wettbewerbsfähiges und kooperatives Umfeld fördern, von dem sowohl Kunden als auch Anbieter profitieren. Der Vertreter von AWS im CISPE-Vorstand, Stéphane Ducable, VP für Public Policy für EMEA bei AWS, stimmte gegen die Annahme von Microsoft, wie eine mit den Beratungen des CISPE-Vorstands vertraute Person mitteilte. Auf eine Anfrage der COMPUTERWOCHE-Schwesterpublikation CIO antwortete Ducable nicht, aber ein anderer Amazon-Vertreter, Harry Staight, der für internationale Politik und Medienbeziehungen bei AWS zuständig ist, konstatierte: “Ich kann bestätigen, dass wir es ablehnen, einen Kommentar abzugeben.” Microsofts Einfluss bei CISPE bleibt erst einmal begrenzt In der Erklärung betonte CISPE, dass der Microsoft-Vertreter nicht abstimmen darf und darüber hinaus weiteren Einschränkungen unterliegt. Das Unternehmen wurde in der Ankündigung als “nicht stimmberechtigtes Adherent Member” bezeichnet. “Assoziierte Mitglieder und Adherent-Mitglieder sind nicht stimmberechtigt und können dem Vorstand nicht beitreten. Sie sind daher nicht in der Lage, die Politik oder die Ausrichtung der CISPE zu beeinflussen”, heißt es in der Erklärung des Cloud-Verbands. “Die auf der letzten Generalversammlung beschlossenen Änderungen in der Unternehmensführung stärken die europäische Führungsrolle von CISPE weiter und schreiben vor, dass mindestens 75 Prozent des Vorstands und der Mitglieder aus europäischen Unternehmen bestehen müssen.” CISPE definiert ein europäisches Unternehmen als eines, das seinen Hauptsitz in Europa hat, unabhängig davon, wie viele europäische Mitarbeiter, Auftragnehmer, Gebäude oder Kunden das Unternehmen in der Region hat, sagte Maynard. In der Erklärung wird auch der Generalsekretär von CISPE, Francisco Mingorance, zitiert, der die Mitgliedschaft von Microsoft lobte. “Unsere Fähigkeit, den gesamten Markt zu versammeln, von Hyperscalern bis hin zu KMUs, und dabei die europäische Führung und Kontrolle zu behalten, ist grundlegend für unsere Vision eines vielfältigen, verteilten und Multi-Cloud-Europas.” CISPE-Generalsekretär Francisco Mingorance träumt von einer vielfältigen und verteilten Multi-Cloud in Europa.CISPE Maynard zufolge hat Microsoft 54.000 Euro gezahlt hat, 30 Prozent der Gebühr für eine Vollmitgliedschaft bei CISPE. Der Sprecher betonte, dass die Mitgliedschaft von Microsoft “unseren Ruf und unsere Glaubwürdigkeit stärkt”, weil man nun die Perspektive “von zwei Hyperscalern als Mitglieder” habe. “Wenn Sie sich ansehen, was CISPE liefert, dann bieten wir eine Menge Einblicke und Tools und Frameworks, die es CIOs ermöglichen, die Compliance-Probleme rund um die Cloud und die politischen Themen rund um die Cloud zu verstehen”, sagte Maynard und beschrieb CISPE als “die Stimme des Cloud-Betriebs in Europa” und als Cloud-“Lobbygruppe”. Google Cloud wirft Microsoft massive Kartellverstöße vor An anderer Stelle dürfte der Cloud-Streit jedoch weitergehen. Im September 2024 hat Google bei der EU-Kommission eine formelle Kartellbeschwerde gegen Microsoft eingereicht. Darin wirft Google dem Cloud-Konkurrenten wettbewerbswidrige und unfaire Lizenzierungspraktiken vor. Microsoft zwinge seine Kunden über die eigene Preispolitik seine Azure-Cloud-Infrastruktur zu nutzen. Wer Microsoft-Software wie den SQL oder den Windows Server in konkurrierenden Clouds nutzen wolle, müsse mit Preisaufschlägen von bis zu 400 Prozent rechnen, lautet Googles Vorwurf.  Mit diesen Praktiken habe Microsoft europäischen Unternehmen und Regierungen erheblich geschadet, schreiben Amit Zavery, General Manager und Vice President für die Google Cloud, und Tara Brady, President für Google Cloud in der Region EMEA, in einem Blog-Beitrag. Die Google-Manager beziffern den dadurch entstehenden Schaden auf mindestens eine Milliarde Euro pro Jahr. Dadurch würden Steuergelder verschwendet, der Wettbewerb behindert und Kunden außerdem erhöhten Risiken ausgesetzt, weil sie einer unzureichenden Sicherheitskultur Microsofts ausgesetzt seien.  

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