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In Deutschland fehlt der Strom für neue Rechenzentren​

Jerome Evans, Gründer und Geschäftsführer von firstcolo. firstcolo Herr Evans, US-Präsident Trump hat angekündigt, 500 Milliarden Dollar in KI-Rechenzentren zu investieren. Welche Auswirkungen hat das auf die RZ-Branche außerhalb der USA? Jerome Evans: Wenn wir das Thema etwas aus der Distanz betrachten, dann sehen wir, dass Trump sehr viel Dynamik in die Wirtschaftsentwicklung der USA bringt. Viele in Europa, aber auch in Deutschland, unterschätzen noch den langfristigen Einfluss von KI auf die zukünftige Wirtschaftsleistung von Staaten. Das heißt konkret? Jerome Evans: Trump positioniert die USA als KI-Hochburg, mit dem Ziel, einen Großteil der Wertschöpfung in diesem Bereich abzuschöpfen. Das Risiko für Europa ist dabei, dass wir die Souveränität über unsere Daten und die Digitalisierung verlieren. Bleiben die US-amerikanischen KI-Modelle führend, dann sind wir sehr abhängig. Ein Großteil der europäischen Firmen würde dann zusätzliche amerikanische Produkte nutzen und die Wertschöpfung würde aus den USA abgesaugt. Deutschland hat zu wenig Stromkapazität Das bedeutet für Deutschland? Jerome Evans: Die Wirtschaftsleistung in der EU, speziell in Deutschland, wird darunter leiden. Zumal noch hausgemachte Faktoren hinzukommen. So haben wir durch die Energiepolitik der letzten Dekade in Deutschland zu wenig Stromkapazität. Wir haben etwa an unseren Standorten in Frankfurt am Main freie Flächen für neue Rechenzentren. Diese können wir aber nicht ausbauen, da uns die Energieversorger bis 2033 nicht den benötigten Strom bereitstellen können. Ferner dauern die Genehmigungsverfahren zu lange, und es steht zu wenig Investitionskapital zur Verfügung, um die Strominfrastruktur schnell auszubauen. Zudem sind beispielsweise die Stromkosten deutlich höher als in den USA, primär getrieben durch die sehr hohen Netzentgelte in Deutschland. Wir zahlen teilweise das Zwei- bis Dreifache im Vergleich zu einem US-RZ-Betreiber. Wie gelingt es Ihnen dann, trotz höherer Kosten, Kunden für europäische Data Center zu finden? Jerome Evans: Viele Kunden gewinnen wir aufgrund unserer Positionierung alsFull-Service-Provider, dies bedeutet, dass wir unseren Kunden mehr und besseren Service als amerikanische Datacenter-Provider anbieten können. Zudem spielt uns die Regulatorik in die Karten, die verlangt, dass bestimmte Daten auf europäischem Boden beziehungsweise speziell in Deutschland gehostet werden müssen. Aber selbst diese Kunden nutzen oft auch Rechenzentren in anderen Ländern, in welchen die Betriebskosten geringer sind. Können es sich die Kunden aussuchen, gehen sie dahin, wo die Kosten geringer sind – etwa nach Skandinavien mit besseren klimatischen Bedingungen für Data Center. FÜR neue Rechenzentren fehlt hierzulande der Strom.dotshock/Shutterstock.com Sie sprachen davon, dass ein nicht einholbarer Vorsprung der Amerikaner droht. Was fördert diese Entwicklung? Jerome Evans: Die Amerikaner haben eine andere Einstellung zu Risikokapital und gehen mehr Investitionsrisiken ein. Geht die Wette auf, ist der Return on Investment umso höher. Damit steigen die Markteintrittsbarrieren für andere Wettbewerber immer mehr, da der Vorsprung der Tech-Giganten nicht mehr einholbar sein wird. Allein Microsoft oder Meta investieren jeweils 60 bis 80 Milliarden in KI-Rechenzentren in den kommenden Jahren. Solche Summen können europäische Konzerne beziehungsweise RZ-Betreiber nicht aufbringen. Selbst europäische Großprojekte werden häufig nur umgesetzt, wenn sie durch amerikanische Private-Equity-Geber finanziert werden. Europa braucht die Souveränität über die Daten Was müsste sich Ihrer Meinung nach in Europa ändern? Jerome Evans: Die Grundvoraussetzung für ein souveränes Europa ist die Souveränität über die Daten. Dafür braucht es gute Wettbewerbsbedingungen. So muss Strom günstiger und die Regulierung angepasst werden. Ferner muss die Energieherstellung einfacher werden. Deutschland hat eine schwierige Debatte um Atomkraft, während Frankreich beispielsweise einen hohen Nuklearanteil hat. Das europäische Energienetz kann helfen, aber wenn Deutschland nur Strom nimmt, destabilisiert das die Netze. Wird die verfügbare Strommenge nicht ausgebaut, steigen die Preise, was die Wettbewerbsbedingungen für Firmen hier weiter verschlechtert. Also könnten in letzter Konsequenz deutsche Rechenzentren ins Ausland abwandern? Jerome Evans: Ja, der Ausbau in Deutschland ist ein Tropfen auf den heißen Stein im Vergleich mit den angekündigten Rechenzentrumskapazitäten in den USA. Aber auch Länder wie Spanien oder Portugal, die sich besser aufstellen, haben bessere Chancen, internationale Player anzuziehen durch attraktive Standortbedingungen. Sie erwähnten, dass Sie freie Hallen für zusätzliche Rechenzentren haben, aber der Strom fehlt. Warum nutzen Sie keine Photovoltaik oder eigene Stromgeneratoren? Jerome Evans: Wir sind aktuell in der Planungsphase für ein neues Rechenzentrum mit 24 Megawatt Kapazität, während unsere bestehenden Zentren 2 Megawatt haben. Die großen Rechenzentren in den USA denken in ganz anderen Dimensionen, wie das Projekt Stargate mit 2 Gigawatt verdeutlicht. Photovoltaik braucht riesige Flächen, um einen solchen Strombedarf zu decken. Schließlich haben Server-Racks mit KI-Workload einen Strombedarf von 100 bis 200 kW pro Rack, während ein reguläres Server-Rack im Durchschnitt bei 5 bis 7,5 kW liegt. Herkömmliche grüne Energieerzeugungsmethoden reichen dafür schlicht nicht aus. Gaskraftwerke wären zwar eine Option, aber die Kosten pro erzeugter Kilowattstunde wären deutlich höher. Das würde uns noch weniger wettbewerbsfähig machen im internationalen Vergleich. Die Amerikaner arbeiten an Mini-Atomkraftwerken, wäre das eine Lösung? Jerome Evans: Egal ob Mini oder reguläre AKWs, ohne Nuklearstrom wird es nicht funktionieren, den zukünftigen Strombedarf zu decken. Das gilt für alle Länder, einschließlich den USA. Und ohne genügend Stromkapazität gibt es keine relevante Wettbewerbsfähigkeit in der Zukunft. Ohne Atomstrom wird es nicht funktionieren Was bleibt für deutsche Rechenzentrumsbetreiber dann noch übrig? Jerome Evans: Wir haben eine hohe Nachfrage, aber wir können nicht die Nachfrage von internationalen Großkonzernen bedienen. Unsere Strategie ist, auf Kunden im gehobenen Mittelstand sowie im Small-Enterprise-Bereich zu setzen. Wir versuchen, von diesem Wachstum so viel wie möglich mitzunehmen. Ferner ist es wichtig, dass wir mit der Politik im Austausch bleiben, um das Bewusstsein für diese Problematik zu schärfen. So wie Sie die Situation schildern, dürfte eine souveräne europäische Cloud ein Traum bleiben? Jerome Evans: Die Rahmenbedingungen dafür sind schlecht. Die Entwicklungsbudgets in Europa sind im Vergleich zu den USA und Asien sehr gering. Es ist ein Kampf David gegen Goliath. Und was bräuchte David, um das zu ändern? Jerome Evans: Wir brauchen eine höhere Risikobereitschaft der Kapitalgeber, um Produkte auf ähnlichem Qualitätsniveau wie die führenden internationale Player anbieten zu können. Es gibt einige Anbieter wie Schwarz IT, die gute Ambitionen haben. Zudem muss sich die Europäische Union dafür öffnen, KI-Potenziale nicht durch zu viel Regulierung in Bezug auf beispielsweise den Datenschutz zu „erdrücken“. Europa braucht mehr Risikobereitschaft Sie sprachen eingangs von den USA als KI-Hochburg, wo steht Europa? Jerome Evans: Es gibt nur wenige relevante europäische KI-Player. Die letzte Finanzierungsrunde von OpenAI hatte eine Bewertung von 150 Milliarden Euro und das Unternehmen konnte 6 Milliarden Risikokapital einsammeln. Diese Summen sind viel höher als das, was europäische Player zur Verfügung haben. So hat Mistral, als eines der führenden Projekte in Europa, im Juni 2024 rund 600 Millionen Euro Risikokapital erhalten.   Die führenden KI-Köpfe wandern deshalb ab und gehen dahin, wo sie die besten Voraussetzungen vorfinden. Firmen wie Aleph Alpha haben es deshalb sehr schwer, vergleichbare Produkte anzubieten. Sie konzentrieren sich eher auf B2B und Behörden, was eine clevere Entscheidung ist, um nicht unnötig Geld zu verbrennen. Müssen wir uns in letzter Konsequenz in Europa daran gewöhnen, weniger perfektionistisch zu sein und mehr Risiken einzugehen? Jerome Evans: Ja, mehr Risikobereitschaft ist der Schlüssel. In den USA wird mit dem Bau von Rechenzentren schon bei einer Bauvorabgenehmigung begonnen.  Fragen wie die Verfügbarkeit von Strom oder die endgültige Auslegung der Rechenzentren werden dann parallel während der Bauphase geklärt. Das Risiko erscheint zunächst höher, aber der mögliche Ertrag bei Erfolg ist entsprechend größer. Des Weiteren wünsche ich mir mehr politische Unterstützung für Unternehmer und Firmengründer, so wie sie Trump den lokalen Firmen aber auch den internationalen Konzernen in den USA gib 

In Deutschland fehlt der Strom für neue Rechenzentren​ Jerome Evans, Gründer und Geschäftsführer von firstcolo. firstcolo Herr Evans, US-Präsident Trump hat angekündigt, 500 Milliarden Dollar in KI-Rechenzentren zu investieren. Welche Auswirkungen hat das auf die RZ-Branche außerhalb der USA? Jerome Evans: Wenn wir das Thema etwas aus der Distanz betrachten, dann sehen wir, dass Trump sehr viel Dynamik in die Wirtschaftsentwicklung der USA bringt. Viele in Europa, aber auch in Deutschland, unterschätzen noch den langfristigen Einfluss von KI auf die zukünftige Wirtschaftsleistung von Staaten. Das heißt konkret? Jerome Evans: Trump positioniert die USA als KI-Hochburg, mit dem Ziel, einen Großteil der Wertschöpfung in diesem Bereich abzuschöpfen. Das Risiko für Europa ist dabei, dass wir die Souveränität über unsere Daten und die Digitalisierung verlieren. Bleiben die US-amerikanischen KI-Modelle führend, dann sind wir sehr abhängig. Ein Großteil der europäischen Firmen würde dann zusätzliche amerikanische Produkte nutzen und die Wertschöpfung würde aus den USA abgesaugt. Deutschland hat zu wenig Stromkapazität Das bedeutet für Deutschland? Jerome Evans: Die Wirtschaftsleistung in der EU, speziell in Deutschland, wird darunter leiden. Zumal noch hausgemachte Faktoren hinzukommen. So haben wir durch die Energiepolitik der letzten Dekade in Deutschland zu wenig Stromkapazität. Wir haben etwa an unseren Standorten in Frankfurt am Main freie Flächen für neue Rechenzentren. Diese können wir aber nicht ausbauen, da uns die Energieversorger bis 2033 nicht den benötigten Strom bereitstellen können. Ferner dauern die Genehmigungsverfahren zu lange, und es steht zu wenig Investitionskapital zur Verfügung, um die Strominfrastruktur schnell auszubauen. Zudem sind beispielsweise die Stromkosten deutlich höher als in den USA, primär getrieben durch die sehr hohen Netzentgelte in Deutschland. Wir zahlen teilweise das Zwei- bis Dreifache im Vergleich zu einem US-RZ-Betreiber. Wie gelingt es Ihnen dann, trotz höherer Kosten, Kunden für europäische Data Center zu finden? Jerome Evans: Viele Kunden gewinnen wir aufgrund unserer Positionierung alsFull-Service-Provider, dies bedeutet, dass wir unseren Kunden mehr und besseren Service als amerikanische Datacenter-Provider anbieten können. Zudem spielt uns die Regulatorik in die Karten, die verlangt, dass bestimmte Daten auf europäischem Boden beziehungsweise speziell in Deutschland gehostet werden müssen. Aber selbst diese Kunden nutzen oft auch Rechenzentren in anderen Ländern, in welchen die Betriebskosten geringer sind. Können es sich die Kunden aussuchen, gehen sie dahin, wo die Kosten geringer sind – etwa nach Skandinavien mit besseren klimatischen Bedingungen für Data Center. FÜR neue Rechenzentren fehlt hierzulande der Strom.dotshock/Shutterstock.com Sie sprachen davon, dass ein nicht einholbarer Vorsprung der Amerikaner droht. Was fördert diese Entwicklung? Jerome Evans: Die Amerikaner haben eine andere Einstellung zu Risikokapital und gehen mehr Investitionsrisiken ein. Geht die Wette auf, ist der Return on Investment umso höher. Damit steigen die Markteintrittsbarrieren für andere Wettbewerber immer mehr, da der Vorsprung der Tech-Giganten nicht mehr einholbar sein wird. Allein Microsoft oder Meta investieren jeweils 60 bis 80 Milliarden in KI-Rechenzentren in den kommenden Jahren. Solche Summen können europäische Konzerne beziehungsweise RZ-Betreiber nicht aufbringen. Selbst europäische Großprojekte werden häufig nur umgesetzt, wenn sie durch amerikanische Private-Equity-Geber finanziert werden. Europa braucht die Souveränität über die Daten Was müsste sich Ihrer Meinung nach in Europa ändern? Jerome Evans: Die Grundvoraussetzung für ein souveränes Europa ist die Souveränität über die Daten. Dafür braucht es gute Wettbewerbsbedingungen. So muss Strom günstiger und die Regulierung angepasst werden. Ferner muss die Energieherstellung einfacher werden. Deutschland hat eine schwierige Debatte um Atomkraft, während Frankreich beispielsweise einen hohen Nuklearanteil hat. Das europäische Energienetz kann helfen, aber wenn Deutschland nur Strom nimmt, destabilisiert das die Netze. Wird die verfügbare Strommenge nicht ausgebaut, steigen die Preise, was die Wettbewerbsbedingungen für Firmen hier weiter verschlechtert. Also könnten in letzter Konsequenz deutsche Rechenzentren ins Ausland abwandern? Jerome Evans: Ja, der Ausbau in Deutschland ist ein Tropfen auf den heißen Stein im Vergleich mit den angekündigten Rechenzentrumskapazitäten in den USA. Aber auch Länder wie Spanien oder Portugal, die sich besser aufstellen, haben bessere Chancen, internationale Player anzuziehen durch attraktive Standortbedingungen. Sie erwähnten, dass Sie freie Hallen für zusätzliche Rechenzentren haben, aber der Strom fehlt. Warum nutzen Sie keine Photovoltaik oder eigene Stromgeneratoren? Jerome Evans: Wir sind aktuell in der Planungsphase für ein neues Rechenzentrum mit 24 Megawatt Kapazität, während unsere bestehenden Zentren 2 Megawatt haben. Die großen Rechenzentren in den USA denken in ganz anderen Dimensionen, wie das Projekt Stargate mit 2 Gigawatt verdeutlicht. Photovoltaik braucht riesige Flächen, um einen solchen Strombedarf zu decken. Schließlich haben Server-Racks mit KI-Workload einen Strombedarf von 100 bis 200 kW pro Rack, während ein reguläres Server-Rack im Durchschnitt bei 5 bis 7,5 kW liegt. Herkömmliche grüne Energieerzeugungsmethoden reichen dafür schlicht nicht aus. Gaskraftwerke wären zwar eine Option, aber die Kosten pro erzeugter Kilowattstunde wären deutlich höher. Das würde uns noch weniger wettbewerbsfähig machen im internationalen Vergleich. Die Amerikaner arbeiten an Mini-Atomkraftwerken, wäre das eine Lösung? Jerome Evans: Egal ob Mini oder reguläre AKWs, ohne Nuklearstrom wird es nicht funktionieren, den zukünftigen Strombedarf zu decken. Das gilt für alle Länder, einschließlich den USA. Und ohne genügend Stromkapazität gibt es keine relevante Wettbewerbsfähigkeit in der Zukunft. Ohne Atomstrom wird es nicht funktionieren Was bleibt für deutsche Rechenzentrumsbetreiber dann noch übrig? Jerome Evans: Wir haben eine hohe Nachfrage, aber wir können nicht die Nachfrage von internationalen Großkonzernen bedienen. Unsere Strategie ist, auf Kunden im gehobenen Mittelstand sowie im Small-Enterprise-Bereich zu setzen. Wir versuchen, von diesem Wachstum so viel wie möglich mitzunehmen. Ferner ist es wichtig, dass wir mit der Politik im Austausch bleiben, um das Bewusstsein für diese Problematik zu schärfen. So wie Sie die Situation schildern, dürfte eine souveräne europäische Cloud ein Traum bleiben? Jerome Evans: Die Rahmenbedingungen dafür sind schlecht. Die Entwicklungsbudgets in Europa sind im Vergleich zu den USA und Asien sehr gering. Es ist ein Kampf David gegen Goliath. Und was bräuchte David, um das zu ändern? Jerome Evans: Wir brauchen eine höhere Risikobereitschaft der Kapitalgeber, um Produkte auf ähnlichem Qualitätsniveau wie die führenden internationale Player anbieten zu können. Es gibt einige Anbieter wie Schwarz IT, die gute Ambitionen haben. Zudem muss sich die Europäische Union dafür öffnen, KI-Potenziale nicht durch zu viel Regulierung in Bezug auf beispielsweise den Datenschutz zu „erdrücken“. Europa braucht mehr Risikobereitschaft Sie sprachen eingangs von den USA als KI-Hochburg, wo steht Europa? Jerome Evans: Es gibt nur wenige relevante europäische KI-Player. Die letzte Finanzierungsrunde von OpenAI hatte eine Bewertung von 150 Milliarden Euro und das Unternehmen konnte 6 Milliarden Risikokapital einsammeln. Diese Summen sind viel höher als das, was europäische Player zur Verfügung haben. So hat Mistral, als eines der führenden Projekte in Europa, im Juni 2024 rund 600 Millionen Euro Risikokapital erhalten.   Die führenden KI-Köpfe wandern deshalb ab und gehen dahin, wo sie die besten Voraussetzungen vorfinden. Firmen wie Aleph Alpha haben es deshalb sehr schwer, vergleichbare Produkte anzubieten. Sie konzentrieren sich eher auf B2B und Behörden, was eine clevere Entscheidung ist, um nicht unnötig Geld zu verbrennen. Müssen wir uns in letzter Konsequenz in Europa daran gewöhnen, weniger perfektionistisch zu sein und mehr Risiken einzugehen? Jerome Evans: Ja, mehr Risikobereitschaft ist der Schlüssel. In den USA wird mit dem Bau von Rechenzentren schon bei einer Bauvorabgenehmigung begonnen.  Fragen wie die Verfügbarkeit von Strom oder die endgültige Auslegung der Rechenzentren werden dann parallel während der Bauphase geklärt. Das Risiko erscheint zunächst höher, aber der mögliche Ertrag bei Erfolg ist entsprechend größer. Des Weiteren wünsche ich mir mehr politische Unterstützung für Unternehmer und Firmengründer, so wie sie Trump den lokalen Firmen aber auch den internationalen Konzernen in den USA gib

In Deutschland fehlt der Strom für neue Rechenzentren​

Jerome Evans, Gründer und Geschäftsführer von firstcolo. firstcolo Herr Evans, US-Präsident Trump hat angekündigt, 500 Milliarden Dollar in KI-Rechenzentren zu investieren. Welche Auswirkungen hat das auf die RZ-Branche außerhalb der USA? Jerome Evans: Wenn wir das Thema etwas aus der Distanz betrachten, dann sehen wir, dass Trump sehr viel Dynamik in die Wirtschaftsentwicklung der USA bringt. Viele in Europa, aber auch in Deutschland, unterschätzen noch den langfristigen Einfluss von KI auf die zukünftige Wirtschaftsleistung von Staaten. Das heißt konkret? Jerome Evans: Trump positioniert die USA als KI-Hochburg, mit dem Ziel, einen Großteil der Wertschöpfung in diesem Bereich abzuschöpfen. Das Risiko für Europa ist dabei, dass wir die Souveränität über unsere Daten und die Digitalisierung verlieren. Bleiben die US-amerikanischen KI-Modelle führend, dann sind wir sehr abhängig. Ein Großteil der europäischen Firmen würde dann zusätzliche amerikanische Produkte nutzen und die Wertschöpfung würde aus den USA abgesaugt. Deutschland hat zu wenig Stromkapazität Das bedeutet für Deutschland? Jerome Evans: Die Wirtschaftsleistung in der EU, speziell in Deutschland, wird darunter leiden. Zumal noch hausgemachte Faktoren hinzukommen. So haben wir durch die Energiepolitik der letzten Dekade in Deutschland zu wenig Stromkapazität. Wir haben etwa an unseren Standorten in Frankfurt am Main freie Flächen für neue Rechenzentren. Diese können wir aber nicht ausbauen, da uns die Energieversorger bis 2033 nicht den benötigten Strom bereitstellen können. Ferner dauern die Genehmigungsverfahren zu lange, und es steht zu wenig Investitionskapital zur Verfügung, um die Strominfrastruktur schnell auszubauen. Zudem sind beispielsweise die Stromkosten deutlich höher als in den USA, primär getrieben durch die sehr hohen Netzentgelte in Deutschland. Wir zahlen teilweise das Zwei- bis Dreifache im Vergleich zu einem US-RZ-Betreiber. Wie gelingt es Ihnen dann, trotz höherer Kosten, Kunden für europäische Data Center zu finden? Jerome Evans: Viele Kunden gewinnen wir aufgrund unserer Positionierung alsFull-Service-Provider, dies bedeutet, dass wir unseren Kunden mehr und besseren Service als amerikanische Datacenter-Provider anbieten können. Zudem spielt uns die Regulatorik in die Karten, die verlangt, dass bestimmte Daten auf europäischem Boden beziehungsweise speziell in Deutschland gehostet werden müssen. Aber selbst diese Kunden nutzen oft auch Rechenzentren in anderen Ländern, in welchen die Betriebskosten geringer sind. Können es sich die Kunden aussuchen, gehen sie dahin, wo die Kosten geringer sind – etwa nach Skandinavien mit besseren klimatischen Bedingungen für Data Center. FÜR neue Rechenzentren fehlt hierzulande der Strom.dotshock/Shutterstock.com Sie sprachen davon, dass ein nicht einholbarer Vorsprung der Amerikaner droht. Was fördert diese Entwicklung? Jerome Evans: Die Amerikaner haben eine andere Einstellung zu Risikokapital und gehen mehr Investitionsrisiken ein. Geht die Wette auf, ist der Return on Investment umso höher. Damit steigen die Markteintrittsbarrieren für andere Wettbewerber immer mehr, da der Vorsprung der Tech-Giganten nicht mehr einholbar sein wird. Allein Microsoft oder Meta investieren jeweils 60 bis 80 Milliarden in KI-Rechenzentren in den kommenden Jahren. Solche Summen können europäische Konzerne beziehungsweise RZ-Betreiber nicht aufbringen. Selbst europäische Großprojekte werden häufig nur umgesetzt, wenn sie durch amerikanische Private-Equity-Geber finanziert werden. Europa braucht die Souveränität über die Daten Was müsste sich Ihrer Meinung nach in Europa ändern? Jerome Evans: Die Grundvoraussetzung für ein souveränes Europa ist die Souveränität über die Daten. Dafür braucht es gute Wettbewerbsbedingungen. So muss Strom günstiger und die Regulierung angepasst werden. Ferner muss die Energieherstellung einfacher werden. Deutschland hat eine schwierige Debatte um Atomkraft, während Frankreich beispielsweise einen hohen Nuklearanteil hat. Das europäische Energienetz kann helfen, aber wenn Deutschland nur Strom nimmt, destabilisiert das die Netze. Wird die verfügbare Strommenge nicht ausgebaut, steigen die Preise, was die Wettbewerbsbedingungen für Firmen hier weiter verschlechtert. Also könnten in letzter Konsequenz deutsche Rechenzentren ins Ausland abwandern? Jerome Evans: Ja, der Ausbau in Deutschland ist ein Tropfen auf den heißen Stein im Vergleich mit den angekündigten Rechenzentrumskapazitäten in den USA. Aber auch Länder wie Spanien oder Portugal, die sich besser aufstellen, haben bessere Chancen, internationale Player anzuziehen durch attraktive Standortbedingungen. Sie erwähnten, dass Sie freie Hallen für zusätzliche Rechenzentren haben, aber der Strom fehlt. Warum nutzen Sie keine Photovoltaik oder eigene Stromgeneratoren? Jerome Evans: Wir sind aktuell in der Planungsphase für ein neues Rechenzentrum mit 24 Megawatt Kapazität, während unsere bestehenden Zentren 2 Megawatt haben. Die großen Rechenzentren in den USA denken in ganz anderen Dimensionen, wie das Projekt Stargate mit 2 Gigawatt verdeutlicht. Photovoltaik braucht riesige Flächen, um einen solchen Strombedarf zu decken. Schließlich haben Server-Racks mit KI-Workload einen Strombedarf von 100 bis 200 kW pro Rack, während ein reguläres Server-Rack im Durchschnitt bei 5 bis 7,5 kW liegt. Herkömmliche grüne Energieerzeugungsmethoden reichen dafür schlicht nicht aus. Gaskraftwerke wären zwar eine Option, aber die Kosten pro erzeugter Kilowattstunde wären deutlich höher. Das würde uns noch weniger wettbewerbsfähig machen im internationalen Vergleich. Die Amerikaner arbeiten an Mini-Atomkraftwerken, wäre das eine Lösung? Jerome Evans: Egal ob Mini oder reguläre AKWs, ohne Nuklearstrom wird es nicht funktionieren, den zukünftigen Strombedarf zu decken. Das gilt für alle Länder, einschließlich den USA. Und ohne genügend Stromkapazität gibt es keine relevante Wettbewerbsfähigkeit in der Zukunft. Ohne Atomstrom wird es nicht funktionieren Was bleibt für deutsche Rechenzentrumsbetreiber dann noch übrig? Jerome Evans: Wir haben eine hohe Nachfrage, aber wir können nicht die Nachfrage von internationalen Großkonzernen bedienen. Unsere Strategie ist, auf Kunden im gehobenen Mittelstand sowie im Small-Enterprise-Bereich zu setzen. Wir versuchen, von diesem Wachstum so viel wie möglich mitzunehmen. Ferner ist es wichtig, dass wir mit der Politik im Austausch bleiben, um das Bewusstsein für diese Problematik zu schärfen. So wie Sie die Situation schildern, dürfte eine souveräne europäische Cloud ein Traum bleiben? Jerome Evans: Die Rahmenbedingungen dafür sind schlecht. Die Entwicklungsbudgets in Europa sind im Vergleich zu den USA und Asien sehr gering. Es ist ein Kampf David gegen Goliath. Und was bräuchte David, um das zu ändern? Jerome Evans: Wir brauchen eine höhere Risikobereitschaft der Kapitalgeber, um Produkte auf ähnlichem Qualitätsniveau wie die führenden internationale Player anbieten zu können. Es gibt einige Anbieter wie Schwarz IT, die gute Ambitionen haben. Zudem muss sich die Europäische Union dafür öffnen, KI-Potenziale nicht durch zu viel Regulierung in Bezug auf beispielsweise den Datenschutz zu „erdrücken“. Europa braucht mehr Risikobereitschaft Sie sprachen eingangs von den USA als KI-Hochburg, wo steht Europa? Jerome Evans: Es gibt nur wenige relevante europäische KI-Player. Die letzte Finanzierungsrunde von OpenAI hatte eine Bewertung von 150 Milliarden Euro und das Unternehmen konnte 6 Milliarden Risikokapital einsammeln. Diese Summen sind viel höher als das, was europäische Player zur Verfügung haben. So hat Mistral, als eines der führenden Projekte in Europa, im Juni 2024 rund 600 Millionen Euro Risikokapital erhalten.   Die führenden KI-Köpfe wandern deshalb ab und gehen dahin, wo sie die besten Voraussetzungen vorfinden. Firmen wie Aleph Alpha haben es deshalb sehr schwer, vergleichbare Produkte anzubieten. Sie konzentrieren sich eher auf B2B und Behörden, was eine clevere Entscheidung ist, um nicht unnötig Geld zu verbrennen. Müssen wir uns in letzter Konsequenz in Europa daran gewöhnen, weniger perfektionistisch zu sein und mehr Risiken einzugehen? Jerome Evans: Ja, mehr Risikobereitschaft ist der Schlüssel. In den USA wird mit dem Bau von Rechenzentren schon bei einer Bauvorabgenehmigung begonnen.  Fragen wie die Verfügbarkeit von Strom oder die endgültige Auslegung der Rechenzentren werden dann parallel während der Bauphase geklärt. Das Risiko erscheint zunächst höher, aber der mögliche Ertrag bei Erfolg ist entsprechend größer. Des Weiteren wünsche ich mir mehr politische Unterstützung für Unternehmer und Firmengründer, so wie sie Trump den lokalen Firmen aber auch den internationalen Konzernen in den USA gib 

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